Der Granitporphyr von Thal-Heiligenstein

Zerrissen und verformt…

Am südlichen Ortsausgang von Thal wird der Glimmerschiefer von einem magmatischen Gang durchschlagen, der ab 1859 in diesem kleinen Steinbruch gewonnen wurde. Bei dem Gestein handelt es sich um einen Granitporphyr, also einen Porphyr bei dem man das Kristallpflaster der Matrix bereits mit der Lupe erkennen kann (im Gegensatz zur dichten „Grundmasse“ bei einem Quarzporphyr).
Der Gang liegt jedoch nicht mehr in seiner ursprünglichen Form vor. Er ist in viele Teilkörper zerschert („zerrissen“), die sich über die Hänge beidseits des Erbstromes verteilen (Abb. 3).
Der Granitporphyr weist ein ungewöhnliches Gefüge auf (Abb. 1). Besonders auffällig sind die länglich verformten Quarz-Einsprenglinge. Sie sind als „geschwänzte Quarze“ oder „Kaulquappen-Quarze“ bekannt geworden. Die Feldspat-Einsprenglinge sind hingegen spröd deformiert (d.h. zerbrochen). Die Deformation des Gefüges ist an den Rändern der Scherkörper deutlich stärker ausgeprägt als im Zentrum und zeigt eine ähnliche räumliche Orientierung wie die Schieferung ihrer metamorphen Rahmengesteine (Glimmerschiefer der Gömigenstein-Formation).

Der Streit um die „geschwänzten Quarze“

Um die Entstehung dieses Ganges und seiner eigentümlichen Strukturen entbrannte Ende des 19. Jahrhunderts ein regelrechter Gelehrtenstreit, ausgetragen von LOSSEN 1882/87, BORNEMANN 1883/87, WEISS 1884/87, ROSENBUSCH 1886/96, FUTTERER 1889, KLEMM 1899, ZIMMERMANN 1913 und JOHS 1933.

Strittig war, ob es sich hier um mehrere Gänge (WEISS) oder um nur einen „zerrissenen“ Gang (BORNEMANN) handelt und ob es ein flacher Lagergang (BORNEMANN) ist, oder ob es mehrere „Quergänge“ sind (WEISS, ZIMMERMANN). Hauptstreitpunkt war aber das Gefüge, das von BORNEMANN, LOSSEN und KLEMM als Resultat einer Fließbewegung des Magmas („Fluidalgefüge“) gedeutet wurde. ROSENBUSCH, FUTTERER und JOHS deuteten die geschwänzten Quarze hingegen als Folge einer Metamorphose.

Die Streckung der Quarze ist durch ein Fließen des Magmas nicht zu erklären. Schon Karl August LOSSEN (1887) erkannte bei der Dünnschliff-Mikroskopie untrügliche Zeichen tektonischer Deformation, wie die „staffelartig zerbrochenen“ Feldspäte und das „undulöse Auslöschen“ der Quarze unter gekreuzt polarisiertem Licht (eine optische Eigenschaft ihres „verbogenen“ Kristallgitters). LOSSEN deutete diese Strukturen dennoch als Fließgefüge.

Aber auch die Vertreter der „metamorphen Deutung“ haben nur teilweise Recht. Anders als die angrenzenden Glimmerschiefer hat der Granitporphyr keine mittel- bis hochgradige Metamorphose erlebt. Zum „metamorphen Altbestand“ (MÄDLER 1969) gehört dieser Gang daher nicht. Das Magma drang erst gegen Ende der variszischen Gebirgsbildung in noch warmes Nebengestein (270-400°C) ein, und hat nur späte tektonische Bewegungen im Zuge der Deckenstapelung und der Heraushebung des Gebirges mitgemacht. Unter diesen Druck- und Temperaturbedingungen kann Quarz plastisch durch dynamische Rekristallisation verformt werden, während Feldspat spröde auf Verformung reagiert. Diese spröd-duktile Zerscherung hat auch die angrenzenden Glimmerschiefer deformiert; sie spalten daher hier nicht ebenplattig sondern sind unregelmäßig linsig zerschert.

Zum Alter des Heiligensteiner Ganges

Schon ZIMMERMANN (1913) und JOHS (1933) wiesen darauf hin, dass derart deformierte Gänge älter als Rotliegend (ca. 298 Millionen Jahre) sein müssen, da die Schichten des Rotliegend im Thüringer Wald undeformiert sind. Beide vermuteten ein karbonisches Alter.

Das genaue Alter des Granitporphyrs kennen wir bis heute nicht. Eine 207Pb/206Pb-Datierung an 10 Zirkon-Kristallen (BRÄTZ, 2000) ergab eine enorme Streuung der Alterswerte, die keine sichere Aussage zulässt. Die Messwerte zeigen allerdings Schwerpunkte im Oberkarbon um 320 und 305 Mio. Jahre. In diesem Bereich dürfte das wahre Bildungsalter liegen.
Ein ähnlich deformierter Gang, der Granitporphyr am Drahtziehwerk Hohleborn (Kleinschmalkalden), hat ein radiometrisches Alter von 294 ± 5 Mio. Jahren geliefert.